Für dich eher eine Beleidigung oder ein Kompliment?
Für mich ein ganz klares Kompliment. Auch wenn man komisch angeschaut wird, wenn man eine weitreichende Idee vorstellt, ist sie doch integraler Treiber jeder Verbesserung.
Was nutzt es mir täglich vor mich hin zu arbeiten, wenn ich nicht weiß ob es auch im Sinne des Unternehmens ist. Soll ich den Vorschlag zur Reduzierung der Rüstzeit tatsächlich einreichen? Sollte ich lieber meinen Pufferbestand erhöhen, damit mein Band nicht still steht? Was will das Unternehmen von mir und ist das, das ich gerade tue richtig?
Eine Unternehmensvision oder ein Leitbild soll jedem im Betrieb eine Richtung geben, wo sich das Gesamtunternehmen hin entwickeln will.Das Problem mit Visionen ist doch aber oftmals, dass sie „unrealistisch“ sind.Wie oft wurden in deinem Unternehmen Visionen vorgestellt und nach der Präsentation hieß es dann:
„Das schaffen wir nie.“
„Da kommen wir nie hin.“
„Alles schön und gut, aber das packen wir eh nicht.“
„Hört sich ja toll an, aber dafür haben wir kein Geld.“
Eine Vision muss auf den ersten Blick nicht erfüllbar sein. Sie sollte auch nicht nur herausfordernd sein. Sie soll den Mitarbeitern ein Gespür dafür vermitteln, wo das Unternehmen hin will.
Aus einer Vision müssen sich auch nicht automatisch die als nächstes anzugehenden Projekte und Aufgabenfelder ergeben. Die Vision liegt soweit in der Zukunft, dass zwischen heute und dem Zeitpunkt der Vision mehrere unterschiedliche Umweltzustände mit unterschiedlichen Herausforderungen liegen.
Soweit so gut. Eine Vision ist also ein in weiter Zukunft liegender Idealzustand….und was bringt mir das in meiner täglichen Arbeit?
Noch nichts. Der nächste Schritt ist das Ableiten von herausfordernden Zielen für das Unternehmen, den Bereich, das Arbeitssystem oder meinen Arbeitsplatz. Diese Ziele sollten messbar und – zwar mit einiger Anstrengung – aber erreichbar sein. Durch das Erreichen vieler dieser herausfordernder Ziele entwickelt man sich dann kontinuierlich in Richtung der Vision.
Aber lass dich nicht täuschen, dies ist kein gerader Weg. Manchmal, oder vielmehr oftmals, wird man Umwege gehen müssen. Der gläubige Anhänger der Kaizen-Philosophie kennt diese Idee. Dennoch fehlt etwas in meiner Beschreibung. Wie komme ich vom aktuellen Status-Quo hin zur Zielerreichung? Durch Zielzustände!
Ein Zielzustand beschreibt eine stabile Situation, in der ich meine Ziele erreiche. Es erfordert einige Übung zwischen den Zielen und dem Zielzustand zu unterscheiden. Zugegeben hapere ich häufig mit diesem Punkt.
Zwischen dem aktuellem Zustand und einem Zielzustand liegen unzählige PDCA (Plan-Do-Check-Act) Zyklen. In denen ich den momentanen Zustand analysiere, einen zukünftigen Zielzustand festlege, plane, wie ich, durch kleine Veränderungen im momentanen Prozess, hinkomme, die Auswirkungen der Veränderungen dokumentiere und auf diese oder neu aufgetretene Umwelteinflüsse reagiere.
Habe ich meinen Zielzustand nach vielen PDCA Zyklen stabilisiert und erreiche zuverlässig meine gesteckten Ziele, so kann ich den nächsten Zielzustand definieren, der mich näher an mein eigentliches Ziel bringt und somit näher in Richtung der Vision.
Ist es ein Kämpfen gegen Windmühlen oder eine Sisyphusarbeit? Das kommt auf dich drauf an!
Sicherlich ist es kein Projekt, welches durch seine Endlichkeit gekennzeichnet ist. Du wirst immer wieder an dem Zustand arbeiten müssen und immer wieder den Kreislauf von Analysieren, Ziele setzen, Änderungen vornehmen, Änderungen überwachen, auf Änderungen reagieren durchlaufen.
Der Unterschied zu Sisyphus ist, dass du deinen Felsbrocken immer weiter den Berg hinauf rollen wirst. Doch sei dir über zwei Sachen bewusst:
1) sobald du eine Pause einlegst in deinen Bemühungen den Zustand zu verbessern, wird dieser bestrebt sein, in seinen alten Zustand zurück zu fallen (Wie der Felsbrocken, der den Berg wieder hinunter rollt).
2) der Berg, den du erklimmst, hat keinen Gipfel und die Luft wird oben immer dünner!
Was bringt es mir dann diesen beschwerlichen Weg einzuschlagen?
Oben ist die Luft besser, die Aussicht besser und man ist für sich. Heißt für das Unternehmen? Man setzt sich von den Wettbewerbern ab, was für die langfristige Absicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze wichtig ist. Versuche doch also beim nächsten Mal, bei dem dir eine Vision präsentiert wird, sie dir deutlich vorzustellen (wie den Gipfel) und teile deinen Aufstieg in Etappen ein, die du durch viele kleine Schritte erreichen kannst!