Eine Sache, die besonders herausragte und für mich in dieser Form komplett neu war, war der Fokus auf Sicherheit.
Bereits zu Beginn, wurde mir dies klar, als ich vom ersten Tag an Sicherheitsschuhe tragen sollte und eine Sicherheitsbrille, wenn ich in die Montage ging. In anderen Betrieben, in denen ich vorher tätig war oder beraten habe, war es durchaus üblich mit normalen Halbschuhen in der Produktion rumlaufen zu können.
Kurz nach dem Beginn meiner Tätigkeit bei Parker, wurde aufgrund eines Unfalls in einem anderen Werk, über die gesamte Gruppe (ca. 20 Werke) veranlasst, dass man IMMER eine Sicherheitsbrille tragen soll, sobald man den Shopfloor betritt. Dies gilt für jeden. Ohne Ausnahme.
Später kamen noch Warnwesten für Besucher hinzu, damit jeder der Mitarbeiter erkennen konnte, dass dies ein Fremder war und im Falle eines Notfalls, besonders auf ihn geachtet werden muss.
Einen richtigen Schub hat das ganze bekommen, als wir einen neuen Group Manager und einen neuen General Manager erhielten.
Sie brachten aus ihrer alten Gruppe eine ganz andere Sicherheitskultur mit. Der Gedanke an 0-Unfälle, war da klar ausgeprägt. Jede, wirklich jede, Besprechung wurde mit dem Thema Safety begonnen. Wenn sie rumliefen und in der Produktion waren, erhielten die verantwortlichen Manager, daraufhin eine E-Mail mit Fotos von Situationen, die unsicher erschienen.
Ein sehr gutes Buch, dass jede Führungskraft erhielt war: Safety 24/7
Ich muss zugeben, ich war davon am Anfang sehr erschlagen und wusste teilweise nichts damit anzufangen. Ja, Sicherheit ist wichtig. Aber wenn ich mir jedes Thema, was in durch die E-Mails kam, auch noch ans Bein gebunden hätte, dann hätte ich anderes liegen lassen müssen.
Erst später haben wir als Management eine Methode gefunden, wie wir Zeit für solche Themen fanden.
In meiner Zeit hatten wir drei Arbeitsunfälle. Für jeden dieser Unfälle, mussten wir einen Preliminary Report ausfüllen, der sofort mit dem ganzen Unternehmen geteilt wurde. man war als Führungskraft augerufen, diese Reports zu überprüfen, ob die gleiche Gefährdung im eigenen Bereich auch vorliegt.
Danach wurde ein A3 erstellt. Hier wurde insbesondere Augenmerk darauf gelegt, dass das Ergebniss nicht einfach war: „Ok, wir müssen die Mitarbeiter besser unterweisen.“ Sondern es sollten nachhaltige Abstellmaßnahmen definiert werden. Verbote bzw. die Substitution verschiedener Werkzeuge waren da häufig die folge. Das letzte große Projekt, was wir angegangen sind, war die weitgehende Vermeidung von Hämmern in der Produktion. Nicht ganz so einfach….
Ein weiterer Punkt bei diesen A3, war auch das kritische Hinterfragen von unseren Managementmethoden. Warum konnte der Unfall passieren? War uns das Risiko bewusst? Wenn ja, warum haben wir nichts dagegen getan? Wenn nein, sind unsere Gefährdungsbeurteilungen nicht detaliert genug?
Ich muss sagen, dass ich diesen Aufwand gehasst habe und dass man als Verantwortlicher wirklich zusammengefahren ist, wenn man von einer Verletzung eines Mitarbeiters gehört hat. (Was ja auch so sein sollte…) Dies hatte dann zwei Konsequenzen. Die einen, haben Arbeitsunfälle gesund gebetet, damit sie nicht in die Statistik kommen und der Aufwand losgeht, die anderen versuchten durch konsequente Eliminierung von Near Hits, den Bereich so zu gestalten, dass die Wahrscheinlichkeit für Unfälle minimiert wurde.
Near Hits, nannten wir alle unsicheren Situationen. Von Beinaheunfällen, wo jemand gestolpert ist, aber nichts schlimmeres passierte, über angelehnte Paletten, die hätten umfallen können, bis hin zu offensichtlich gefährlichen, selbstgebauten Maschinen, die den heutigen Sicherheitsvorschriften nicht mehr entsprachen.
Das führungsteam, machte einmal im Monat einen sogenannten Safety walk durch eine Abteilung, bei dem solche Situationen gesucht wurden und dann in einer App dokumentiert wurden. Wie ich bereits oben erwähnte, konnte das für eine Führungskraft aus dem Produktions- bzw. Logistikbereich schon eine ganz schöne Menge an abzuarbeitenden Punkten sein.
Deshalb schlug unsere Standortleiterin irgendwann vor, sogenannte Safety days einzurichten. An diesen tagen, hatten alle Mitarbeiter das Thema Sicherheit im Kopf. Jeder konnte sich Zeit nehmen, um Kleinigkeiten selbst zu verbessern. Allerdings war es vor allem für diejenigen gedacht, die sonst im Tagesgeschäft keine Zeit hatten, sich um dieses „Kleinvieh“ zu kümmern.
Es war immer wieder faszinierend, wie viele Themen, wir an diesem einen Tag abschließen konnten.
Insgesamt, hat mich diese Zeit in Bezug auf Safety sehr geprägt. Ich laufe jetzt anders durch Abteilungen durch und sehe solche Near-Hits sofort. Auch wenn ich über Unfälle höre, hinterfrage ich automatisch, wie das Unternehmen damit umgeht. Wird es nur reportet? Oder werden auch Maßnahmen daraus abgeleitet?