Nachdem ich dir an den letzten beiden Mittwochen die Elemente Genchi Genbutsu und Challenge vorgestellt habe, möchte ich dir den letzten Baustein eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) vorstellen, welcher da lautet Kaizen. Einige werden jetzt sagen: „Kaizen ist doch das gleiche wie KVP!“
Ich kann und will dieser Aussage auch nicht widersprechen. Betrachtet man die Wortbestandteile bezeichnet Kai-Zen die „Änderung“-„zum Guten“. In dem Buch Creating a Kaizen Culture wird die Herkunft des Wortes noch ein wenig genauer beschrieben, indem man „Kai“ eher als „Austreiben des Schlechten“ übersetzen kann und das Zen-Zeichen in dem Sinne interpretieren kann, dass es einem einen moralischen Kompass bei der Veränderung zum Besseren geben kann. Für mich war diese Sichtweise eine gänzlich neue, aber meiner Meinung nach würde es der gesamten Philosophie eines Lean Management Systems entsprechen. Wenn wir das Schlechte austreiben, also Verbesserungen einführen, müssen wir dabei immer einen eigenen inneren moralischen Kompass beachten und alle Betroffenen (Kunden, Mitarbeiter, Eigner, Umfeld, Umwelt) im Sinn haben.
Was ist jetzt das besondere an der Kaizen-Denkweise?
Für mich macht Kaizen jedem klar, dass jede Änderung eines Zustandes hin zur Erreichung eines besseren Zustandes etwas Gutes ist. Soweit so gut, aber das ist doch klar. …
Leider ist das nicht jedem so klar. Viele Unternehmen haben z.B. ein klassisches Vorschlagswesen installiert, bei dem Ideen eingereicht werden, diese von einer zentralen Stelle an die „Fach-Experten“ zur Beurteilung weitergereicht werden und diese „Experten“ dann entscheiden, ob es sich lohnt, die Idee umzusetzen. Dieser Vorgang kann mehrere Monate dauern und selbst, wenn die Idee als gut klassifiziert wird, heißt es noch lange nicht, dass diese zügig umgesetzt wird.
Diese Vorgehen hat aus meiner Sich zwei große Nachteile:
- Dem Ideen-Einreicher wird zu verstehen gegeben, dass nicht er der Experte auf dem Gebiet ist, sondern irgendwer anderes in einer Fachabteilung.
- Um den Aufwand dieser ganzen Maschinerie zu rechtfertigen, werden nur die großen Ideen, also diejenigen mit hohen Einsparpotentialen, umgesetzt.
Der Extremfall ist der, dass eine Idee nicht umgesetzt wird, weil ja in absehbarer Zeit (kann bis zu einem halben Jahr oder länger betragen) das betreffende Problem nicht mehr bestehen wird (Auslauf des Produktes, neue Fertigungseinrichtung etc.). Dem Einreicher wird also zugemutet, mit dem schlechten Zustand ein weiteres halbes Jahr zu arbeiten. Wir bieten ihm keine Hilfestellung sein Problem zu lösen, verlangen aber wahrscheinlich von ihm, jeden Tag sein Bestes zu geben und irgendwann kommt dann irgendwer daher und sagt, dass „man“ sich doch kontinuierlich verbessern müsse, er also gefälligst „besser“ arbeiten solle.
Jede Idee ist eine gute Idee
Um es nochmals zu wiederholen: Für mich macht Kaizen jedem klar, dass jede Änderung eines Zustandes hin zur Erreichung eines besseren Zustandes etwas gutes ist. Das heißt auch, dass ich jeder Idee zur Verbesserung eines Zustandes ernst nehme, respektiere und versuche diese umzusetzen.
Mir ist auch klar, dass ich nicht alles sofort umsetzen kann – wobei ich es wirklich versuchen sollte, aber dennoch sollte ich der Idee Respekt zollen und dem Einreicher meine Beweggründe darlegen, warum es gerade nicht geht. Auch gebe ich gerade auf die kleinen Ideen Acht. Ein Beispiel: Einen Schlüsselkasten näher an eine Maschine zu hängen, damit ich beim Rüsten bzw. Warten der Maschine nicht jedesmal 10m zum Schlüsselkasten laufen muss, ist eine kleine aber effektive Idee. Sie kostet nicht viel und bringt auch wahrscheinlich nicht so viel an Einsparungen. Es macht dem Einreicher und dessen Umfeld aber klar, dass jede Idee zur Vermeidung von Verschwendung willkommen ist.
Jeder jeden Tag 2 Sekunden
So kann sich dann langsam eine Kaizen-Kultur entwickeln, in der jeder jeden Tag eine kleine Idee hat, seine Arbeit zu verbessern, womit sich das gesamte Unternehmen weiterentwickelt.
Am Freitag werde ich ein paar tolle Kaizen-Beispiele aus dem Internet und meinem Unternehmen posten.
Ein Kollege forderte unsere Gruppe einst mit folgenden Worten auf, sich um Kaizen zu kümmern:
„Wenn ihr morgens vor dem Spiegel steht, müsst ihr euch vornehmen eine kleine Verbesserung am Tag umzusetzen.“
Dies soll meine Aufforderung an Dich sein: Eine kleine Verbesserung pro Tag, und wenn sie nur 2 Sekunden Zeitersparnis bringt.